Die Zeit drängt und Warten ist keine Option

Im Webinar vom 14.12. durften wir Peter Engert Geschäftsführer der ÖGNI (Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft) mit pointierten Statements und aufschlussreichen Beispielen bei uns begrüßen.
Die sechs wesentlichsten Erkenntnisse haben wir hier zusammengefasst:
1. Noch geringes Bewusstsein über den Hebel von Immobilien
Mit 40 % des Energieverbrauchs und 50 % des Ressourcenbedarfs in der gesamten EU bieten Immobilien ein riesiges Potential zur Verringerung des CO2 Ausstoßes. Das ist etwa die gleiche Größenordnung wie der viel mehr diskutierte Verkehrssektor.
In einer Blitzumfrage unter den Teilnehmern wurde unsere These untermauert: Den Hebel, den Gebäude und die dazugehörige Infrastruktur haben, konnten sich wenige vorstellen. Auch, dass der bisher eher sorglose Flächenverbrauch und die Versiegelung der Böden bei der Eindämmung der Klimaerwärmung eine wesentliche Rolle spielen, wird als wenig bewusst eingeschätzt.
2. Das „E“ – ist einigermaßen klar, das „S“ – noch lange nicht
Zu den Umwelt-Standards, dem „E“ der ESG-Kriterien, gibt es bereits gute Orientierung. Wir wissen was wir messen müssen, z. B. den CO2 Ausstoß. Auch die Lenkungsmaßnahmen wie Taxonomie bzw. CO2 Bepreisung sind gesetzt.
Und doch gibt es immer noch weitere Themen. So ist die ÖGNI eingebunden, europaweit an Immobilien-Standards für Biodiversität (Umgang mit Flächen!), Wasserverbrauch, Abfallvermeidung und Wiederverwendung von Baumaterialien (Kreislaufwirtschaft!) mitzuarbeiten.
Beim „S“, den Social-Standards ist das Feld noch ziemlich offen. Was und wie gemessen werden soll, ist nicht so einfach. Integration, leistbares Wohnen, Entfernung zum Arbeitsplatz, zu Bildungs- und Kultureinrichtungen usw. Wie misst man einen Wohlfühlfaktor?
3. Der Bestand ist das eigentliche Problem
Werden Gebäude neu errichtet sind wir auf einem guten Pfad. Zumindest was große Wohn- und Bürogebäude betrifft. Für das neue Einfamilienhaus gäbe es noch viel Luft nach oben. In Summe ist das aber der wesentlich kleinere Teil!
Es geht um den riesigen Bestand an bereits existierenden Gebäuden. Deren Heiz- und Kühlanlagen müssen erneuert, deren Fenster, Türen und Außenmauern besser und ökologischer gedämmt und deren Dachflächen können z.B. zur Stromproduktion genutzt werden. Vielleicht müssen sie auch besser abgetragen und entsorgt werden.
Die von der EU bereits 2020 ausgerufene Renovierungswelle kommt nicht ins Rollen.
Vom angestrebten Ziel, die Sanierungsquote von 1 % auf 2 % zu verdoppeln sind wir weit entfernt. Dabei wäre sogar eine Steigerung auf 3 % notwendig, um mit dem Aufholeffekt den CO2 Ausstoß auch rechtzeitig zu reduzieren.
4. Der Wendepunkt ist da
Laut Peter Engert wurden 2021 dafür die entscheidenden Hürden genommen. Mit dem Beschluss von gesetzlich verankerten Lenkungsmaßnahmen wie der Taxonomie und der CO2 Bepreisung – auch wenn der Preis pro Tonne in Österreich noch viel zu niedrig angesetzt ist – sollte die Renovierungswelle in Bewegung kommen.
Die langen Lieferzeiten für Baumaterialen und die bereits knappen Kapazitäten bei den Bau- und Handwerksbetrieben zeugen von den ersten Effekten. Die Situation wird sich durchaus noch verschärfen.
5. Die Eigentümer sind gefordert
Wie sich der sicher weiter steigende CO2 Preis auf das Geschäftsmodell von Immobilien-Eigentümern und -Investoren auswirkt, kann schon jetzt sehr gut berechnet werden. Auch wird die „grüne“ Sanierung der Gebäude auf die Wertentwicklung starken Einfluss nehmen.
Die gesamte Materie ist sehr vielschichtig. Allein die Frage ob Beton als Baustoff jetzt gut oder schlecht ist, kann nicht eindeutig beantwortet werden.
Das dynamische Umfeld, teils widersprüchliche Informationen und die vielfältigen Möglichkeiten seine Immobilie nachhaltig zu gestalten, machen die Situation nicht einfacher. Die richtigen Entscheidungen zum gegebenen Zeitpunkt zu treffen, sie mit den passenden und funktionierenden Maßnahmen umzusetzen, ihre Auswirkungen zu beobachten und gegebenenfalls weiter zu verbessern wird eine große Herausforderung.
6. Die Rolle der Banken – da ist mehr drinnen!
Wir haben all diese Fragestellungen vor denen Immobilien-Eigentümer stehen, wenn sie ihre Immobilien „grün“ machen wollen, auf einer Aufgaben-Landkarte aufgetragen. Dabei wurde klar, dass das Beantragen und Abrufen einer Finanzierung nur einen kleinen Teil darstellen.
Wir sehen den Auftrag des Regulators an die Banken nicht nur in der „grünen“ Kreditvergabe, sondern auch darin ihren Kund*innen dabei zu helfen ihre Immobilien in eine nachhaltige Zukunft zu entwickeln.
Banken können mit ihrem Know-How, ihren Daten und ihren Liquiditäts- und Kapital-Ressourcen viel mehr und bereits wesentlich früher unterstützen, diese Aufgaben zu erledigen.
Schließlich geht es um die Position an der Kundenschnittstelle. In der Rolle als einfach austauschbarer Finanzierungspartner wird es immer ungemütlicher.
Online Masterclass
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Mehr unter folgenden Artikeln Die grüne Transformation ist dezentral und vielzählig, Der Weg zu einer nachhaltigen Immobilienwelt sowie in unserem Podcast Das bedeutet die EU Taxonomie für Banken.
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