Corona 2020 – ein Virus als Turbo für radikalen Kundenfokus

Freibanker Perspektiven
Banken zukunftsfähig machen! Bis dato scheinbar eine „mission impossible“! Zu viele Baustellen, verkorkste Strukturen, die Suche nach dem Sinn, komplexe Strategien und Druck von allen Seiten. Was bis dato eine Herkulesaufgabe schien, bekommt plötzlich Rückenwind: extern wie intern!

Ausnahmezustand – für uns Menschen, die Gesellschaft und alle Teile der Wirtschaft. Corona hat in wenigen Wochen Unvorstellbares „geleistet“. Nichts ist mehr wie es wahr – und die Zukunft ungewiss. Wir leben von Woche zu Woche und von Ankündigung zu Ankündigung. Die „Kurve“ bestimmt unseren Wochentakt und auch unsere Hoffnung auf eine Welt, wie wir sie kannten.

Und wir feiern unsere neuen Heldinnen und Helden – die Regierung, den Einzelhandel, Arbeitskräfte in Logistik und Handel – Ärzte und Pflegepersonal sowieso. Sie alle halten die Stellungen, helfen unser Leben am Laufen zu halten und stehen im strahlenden „Bühnenlicht“ – mit all dem Applaus, der Ihnen auch zusteht.

Eigentlich sollte das auch auf alle Privat- und Universalbanken zutreffen. Auch sie stehen Ihre Frau und Mann quer durch die Länder, funktionieren stabil in Ihrem Kerngeschäft, sind mit Ihren Filialen in den Regionen präsent und bieten durch Ihrer mittlerweile beachtlichen Digitalität Ihren Kundinnen und Kunden alle Möglichkeiten für den finanziellen Normalbetrieb.

Und trotzdem gibt es in der Öffentlichkeit kaum Verständnis für diese „stille“ Leistung der Banken. Kritik an bürokratischer Abwicklung und Rufe nach mehr Flexibilität für Stundungen, Kreditaufstockungen und Kreditmoratorien werden lauter und lauter. Zu stark hat sich das Bild von „geretteten Banken aus der Finanzkrise 2008“ in das öffentliche Gedächtnis gebrannt. Zu sehr wurde von allen Seiten die kollektive Leistung zur Rettung der Banken erlebt und rhetorisch strapaziert – ohne zu reflektieren, dass das Bankenpaket 2008 auch eine Hilfe für die Vermögen der Gesellschaft, für das Funktionieren der Wirtschaft und letzten Endes sogar für das Überleben des Staates war.

Doch egal!  Natürlich gilt auch für Banken: Jeder ist für seinen Ruf selbst verantwortlich – und schon Laotse wusste:

„Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut!“

Und genau dort können Banken in diesen Tagen ansetzen. Wir alle können die vielzitierten „Chancen in der Krise“ wahrscheinlich nicht mehr hören – aber für Banken gibt es tatsächlich ein „window-of-opportunity“ um den Wandel vom hässlichen Entlein zum schönen Schwan zu vollziehen. Nicht irgendwann – sondern gerade jetzt.

Noch selten waren die Erwartungen an kundenorientierte Lösungen höher als in diesen Tagen. Banken könnten – wie Ärzte und Virologen in der Gesundheitskrise – zu Problemlösern in der Wirtschaftskrise reüssieren. Der gesundheitliche Ausnahmezustand ist daher für Banken eine absolute Bewährungsprobe. Angestoßen durch die Maßnahmen der Regierungen könnte es eine riesige Chance sein, Kunden wieder zu echten Fans zu machen.  Zukunftsfähigkeit entscheidet sich jetzt! Nun braucht es definitiv keine Selbstdarstellung des besten „Banken-Brands“, des innovativsten Produktes oder des besten OnlineBankings. Und auch der Preis ist in einer Welt des „Zinsenkomas“ kein gutes Argument. Es geht um absolut Grundsätzliches:  um die Sorgen, Probleme und Ängste von Kundinnen und Kunden aller Segmente: von EPU´s, KMU´s, Privaten, Vermögenden wie Kreditnehmern. Das Gebot der Stunde ist daher, wirklich nah am Kunden zu sein, zuzuhören und nachhaltige Lösungen zu finden

People forget what you said, people forget what you did, but people never forget what you made them feel!

Für diese Wochen der Bewährung braucht es daher bankenintern ein neues Betriebssystem. Es braucht radikale Kundenorientierung und ein anderes Zusammenspiel in der Organisation. Nicht mehr das Optimieren der eigenen „Schrebergärten“ darf belohnt werden, sondern der Beitrag aller für die besten Kundenlösungen muss im Mittelpunkt stehen.

Im Idealfall repositioniert diese Entwicklung die zentralen Bereiche von Steuerungseinheiten zu Supporteinheiten für den Vertrieb. Und vollkommen egal ob wir heutzutage Vertrieb als die MitarbeiterInnen und Mitarbeiter in Filialen, allen Call- und Contact Centern oder die Architekten der digitalen Kanäle verstehen. Sie sind die Verbindungsstelle zum Kunden. Sie haben maximales Markt- und Situations-Know-How und müssen auf das individuelle Kundenbedürfnis mit der idealen Lösung reagieren: strukturell, prozessual und auch emotional.

Daher braucht es gute, vertriebsnahe Instrumente, Prozesse und genügend Flexibilität, um in einem gut definierten Rahmen kluge Entscheidungen vor Ort treffen zu können und individuelle Kundenlösungen zu bieten. Gerade in Zeiten des Ausnahmezustandes ist daher die Kunst der Organisation und Ihrer Führungskräfte, das Reiz-Reaktion-System von „senden“ auf „empfangen“ umzustellen und Kontrolle durch Selbstverantwortung zu ersetzen.

„Sense & respond“ statt „command & controll“ ist das Gebot der Stunde!

Noch ist es zu früh diese Geschichte zu Ende zu schreiben – aber die nächsten Wochen und Monate werden deutlich zeigen, ob Banken in der Lage sind, mit Ihren Lösungen positive Resonanz bei Ihren Kunden zu erzielen. Wir Freibanker sind auf alle Fälle überzeugt: im Ausnahmezustand entscheidet sich die Zukunftsfähigkeit von Banken auf dem Spielfeld „radikaler Kundenfokus“.

2020-09-01T17:09:07+02:00