Raus aus der Massenproduktion – Teil 1 der Artikelserie zur Zukunft der Kundenberatung

Freibanker Partner Bank

Den Markt beforschen, Daten analysierenSegmente bildengezielt Produkte entwickeln, Services definieren und Beratungspakte gestalten, alle relevanten Kanäle bespielen und die richtigen Kund*innen ansprechen. 

Klingt nach einem guten Plan und entspricht dennoch dem Muster der Massenproduktion! 

Mit intensiver Vorbereitung und präziser Umsetzung soll möglichst effizient entwickelt, verkauft und verwaltet werden. Genau dieses Vorgehen mündet in starren Prozessenhemmt die Flexibilität für individuelle Lösungen und führt zu monolithischen Angeboten, die zwar effizient „produziert“aber für niemanden wirklich passend sind. 

Jobs-tobe-Done unterstützen und Mehrwert generieren 

Clayton M. Christensen und Anthony W. Ulwick beschreiben in ihrem Ansatz der Jobs-to-be-Done1 den Kundenbedarf nicht als zu prognostizierende Wünsche oder Ziele von Kund*innen. Der Bedarf wird als konkrete Aufgaben des Kunden verstandenum Wünsche und Ziele zu realisieren. 

Überlegen z. B. Sparbuchkund*innen in Wertpapiere zu investieren, wollen sie die verschiedenen Alternativen wie Liquidität zu halten, ihr Geld doch in (eigene) Immobilien zu stecken oder eben in Wertpapieren anzulegen aus ihrer Perspektive miteinander vergleichenSie wollen feststellen, welche Kosten mit den unterschiedlichen Möglichkeiten verbunden sind. Sie wollen einschätzen wieviel ihrer Zeit sie den potenziellen Vorhaben widmen müssen und sie wollen beurteilen welches Wissen sie dafür benötigen und welches Risiko sie eingehenDabei geht es nicht um abstrakte Vorstellungen von Bedürfnissen, sondern um ganz konkrete Aufgaben, die erledigt werden müssen. 

Können solche funktionalen, sozialen und auch emotionalen Aufgaben mit persönlichen Beratungs- und digitalen Unterstützungsleistungen einfacher, bequemer, rascher oder mit einem besseren Gefühl als bisher erledigt werden, empfinden Kund*innen das als MehrwertUnd für diesen Wert sind sie bereit auf irgendeine Weise zu bezahlen. 

Customer Journeys sind keine Pauschalreisen 

Bekannt sind die Jobs-to-be-Done für die Pains und Gains2, um Ideen für innovative Geschäftsmodelle zu findenMindestens genauso interessant ist auch, dass die Methode die einzelnen Jobs von Kund*innenals abgrenzbar und voneinander unabhängig betrachtet 

Kund*innen erledigen ihre Aufgaben nicht unbedingt in einer zeitlichen Abfolge. Wenn sie sich für die Bewertung einer Immobilie interessieren, heißt das nicht, dass sie diese anschließend auch kaufen bzw. finanzieren wollenUnd wenn sie nach bestimmten Investmentfonds suchen, bedeutet es vorerst nur, dass sie Informationen dazu sammelnWas sie danach damit machenist eine andere GeschichteAus Kundenperspektive sind Customer Journeys keine Pauschalreisen. Es sind individuelle Routen, die sich Kund*innen situativ und eigenständig zusammenstellen. 

Kunden*innen erledigen die gleichen Aufgaben auch in unterschiedlichen Kontexten. Sie nehmen dabei verschiedene Rollen ein, haben damit verbundene Interessen und verfolgen diese mit der Durchführung bestimmter Aufgaben.  

Als Unternehmer betrachte ich Liquidität als Faktor der Leistungserbringung. Liquidität zu sichern und den Einsatz liquider Mittel laufend zu optimieren gehört zum Business. Als Privatperson gehe ich mit Liquidität anders um. 

Wie Kunden*innen dann ihre Aufgaben in bestimmten Kontexten erledigen wollen, hängt von ihren bisherigen Erfahrungen genau in diesem Kontext ab3. Alter, Beruf, Einkommen oder Vermögen spielen dabei keine Rolle, auch wenn wir das gerne für unsere Segmentierung so hätten. 

Modularisierung von Beratungs- und Unterstützungsleistungen 

Die Abgrenzbarkeit und Unabhängigkeit der Jobs-to-be-Done eröffnet die Möglichkeit, sie als getrennt und flexibel miteinander kombinierbare Bausteine des Kundenbedarfs zu betrachten und Beratungs- und Unterstützungsleistungen modular danach auszurichten. 

Die Module definieren sich dabei nicht nach (produkt-)technischen oder regulatorischen Begebenheiten. Sie unterscheiden sich nach Mustern, wie sich Kund*innen inspirieren lassen, welche Informationen sie sammeln, wie sie verschiedene Möglichkeiten miteinander vergleichen und gegeneinander abwägen, wie sie priorisieren und schließlich entscheiden. Danach wollen sie die Entwicklung ihrer Entscheidung beobachten und ggf. optimieren bevor sie ein einmal erworbenes Produkt wieder verkaufen oder ein einmal gegebenes Mandat wieder zurücknehmen. 

Individuelle Lösungen & Effizienz schließen sich nicht mehr aus 

Zielgruppen in Segmente einzuteilen, war eine Notwendigkeit der Massenberatung und eine Frage der Prozesseffizienz. Die Digitalisierung bietet die Möglichkeit, für jeden Kunden, jede Kundin sein/ihr passendes “Segment” zu bilden, ohne Aufwand und Komplexität zu steigern.  

Die modulare Gliederung von Beratungs- und Unterstützungsleistungen erlaubt individuelle Vorgehensweisen, garantiert die Qualität und sichert die Skaleneffekte. 

Gerade in komplexeren Kontexten von Unternehmens– und Private Banking-Kunden können die Muster, welche Jobs wie erledigt werden sollen, differenziert und in der Folge konkrete Services mit fast unbegrenzten Kombinationsmöglichkeiten entwickelt werden. 

Standardisierte Module werden genau an spezifische Jobs angepasstDas bringt geringe Entwicklungs- und Prozesskosten und ermöglicht gezieltes Outsourcing ohne einen Teil oder die gesamte Wertschöpfungskette zu verlieren. 

Neugierig, wie das gehen kann?

Und aus welchem Grund …  

a) sich der Kundenbedarf erst situativ und im jeweiligen Kontext entwickelt und die persönliche Interaktion dabei eine besondere Rolle spielt, 

b) die Geschichten der Kund*innen den Informationsfluss von inside-out in outside-in drehen und Steuerung damit anders gedacht werden kann

c) die Aufgaben der Kund*innen die digitalen und persönlichen Vertriebskanäle miteinander in Einklang bringen und 

d) es Mitarbeiter*innen besonderen Spaß macht und große Freude bereitet, Kund*innen bei der Erledigung ihrer Aufgaben zu helfen … 

… erfahren Sie in den weiteren Ausgaben dieser Artikelserie zur Zukunft der Kundenberatung „Interact or Die“, etc. Fortsetzung folgt! 

 

 

 

1) Link zum bekannten McDonalds Beispiel: https://youtu.be/Stc0beAxavY
2) siehe Value Proposition Design bzw. Business Model Generation by Alexander Osterwalder & Yves Pigneur
3) in einer Studie der motivy gmbh wurden gemeinsam mit der Sigmund Freud Privatuniversität die persönlichen Erfolgsrezepte von Privatkunden in den Kontexten Geldanlegen und Finanzieren untersucht.

2022-02-25T14:27:02+01:00